Antwort und Stellungnahme an die Drs. Bredehorst zu den in der Cavallo veröffentlichten Artikeln

Autoren: Dr. Tina Maria Ritter, Dr. John Kamsteeg

Durch die Artikel „Mysteriöser Mangel bei Vitamin B und Zink“ wurden einige Fragen in Bezug auf eine Störung des Stoffwechsels aufgeworfen. Doch aus unsere Sicht weder Fakten noch wirkliche Antworten für den Pferdehalter geliefert.
Meta-Analysen des Instituts Bredehorst, auf die sich die Autoren u.a. beziehen, sind Bioresonanz-Analysen, die man wohl kaum mit wissenschaftlichen Fakten vergleichen kann.

HPU und KPU sind Synonyme

und werden als solche im deutschen Sprachraum gebraucht. Grundsätzlich sollte man aber zwischen beiden Formen unterscheiden, denn die Störungen sind zwar ähnlich, aber eben nicht identisch. Das Labor KEAC in Holland fordert seit vielen Jahren eine Unterscheidung bzw. eine Umbenennung in HPU. McGinnes et al., belegen in Ihren Review-Artikeln, die die wissenschaftliche Literatur zum Thema bis 2008 zusammenfassen, dass es sich bei den untersuchten Verbindungen um das Hydroxypyrrollaktam (kurz HPL) handelt und NICHT um Kryptopyrrol.

Was wird wann ausgeschieden?

Im Fall der KPU wird die Gesamtheit der Pyrrolverbindungen gemessen, die im Urin zu finden sind. Diese fallen bei jedem Säugetier als Abfallstoffe an. Überschreiten Sie ein gewisses Maß, werden Sie nicht mehr nur über die Galle, sondern eben auch über den Urin entsorgt. Kontakt mit Giftstoffen (z.B. Lecken von behandeltem Holz, Mykotoxine aus dem Futter, nach Impfungen oder Wurmkuren etc.) erhöht die Bildung der Pyrrolverbindungen in jedem Menschen und jedem Säugetier. Dazu muss man noch keine generelle Stoffwechselstörung aufweisen. Auch Dysbiosen, also Fehlgärungen der Darmflora bilden Kresole und Thiazole, die als solche Giftstoffe, die Pyrrolausscheidung erhöhen. Dass der KPU-Test also keinerlei Spezifität besitzt wird hiermit klar. Eigentlich sagt der KPU-Test lediglich aus, dass ein Kontakt mit Giften irgendeiner Art ganz aktuell stattfindet.

Der KPU-Test ist veraltet

Es steht heutzutage ein neueres und sensitiveres Testverfahren zu Verfügung: der HPU-Test. Dieser misst ganz spezifisch das Hämopyrrollaktam auch beim Pferd.
Der HPL-Komplex ist nur einer von vielen möglichen Pyrrolverbindungen, die im Stoffwechsel entstehen können. Und er wird dann sehr spezifisch gebildet, wenn es zu einer Anhäufung von bestimmten Zwischenverbindungen der Häm-Synthese kommt. Dass diese Zwischenverbindungen Produkte des Häm-Stoffwechsels und nicht des Darmes sind, konnte bereits eine Studie aus dem Jahr 1950 klären (Grinstein et.al, J.Biol.Chem 1950)!

Ein bißchen Biochemie

Biochemisch kommt es dabei zu einer Erhöhung von Coproporphyrinogen 1 im Vergleich zu Coproporphyrinogen 3. Das zugehörige Enzym Methylhydroxybilansynthase ist überfordert. Es kommt zu einem spontanen anstelle eines enzymatischen Ringschlusses. Das ist nicht bei jedem Menschen und auch nicht bei jedem Pferd der Fall. Es ist genetisch bedingt und damit ein echter Nachweis für eine Stoffwechselstörung, die auch nicht verschwindet, nur weil man eine Darmsanierung durchführt.

Hydroxypyrrollaktam (HPL) ist giftig

Das macht einen entscheidenden Unterschied auch für den Halter und das Management betroffener Tiere. Denn das bedeutet, dass das Thema Stoffwechselstörung bis zum Lebensende wichtig sein wird. In diesem Falle das Pferd wird auch nach erfolgreicher Darmsanierung auffällig und anfällig bleiben.
Andersrum wird ein Schuh draus.
Was bedeutet die Anhäufung von HPL-Komplexen im Individuum? HPL ist neurotoxisch, also giftig fürs Gehirn, es muss raus. Jeden Tag, jede Stunde, fallen im Stoffwechsel Abfallprodukte an, die entsorgt werden müssen. Das ist normal. Je mehr dem Körper noch zusätzlich aufgebürdet wird, also z.B. weitere Giftstoffe, desto eher ist er an der Grenze seiner Entgiftungsfähigkeit. Das ist auch logisch. Viele Enzyme, die an entscheidenden Entgiftungsvorgängen beteiligt sind, brauchen Zink oder Vitamin B6 als Cofaktor. Das ist ein Grund, warum von HPU Betroffene Pferde oder Menschen einfach mehr dieser beiden Vitalstoffe brauchen.
Je mehr Zink und B6 verbraucht werden, desto eher können sich Mangelsituationen daraus entwickeln.
Eine inverse Korrelation von der Menge an ausgeschiedenem HPL-Komplex und intrazellulären Leveln von Vitamin B6 und Zink, ist seit vielen Jahren bekannt. Will heißen: je mehr HPL im Stoffwechsel entsteht, desto geringer ist der gemessene Wert von Zink und Vitamin B6 in der Zelle (nicht im Serum).

HPU ist die Ursache für einen gestörten Darm, nicht die Folge

Schauen wir uns die normale Physiologie der Verdauung an. Die Magensäureproduktion wird u.a. durch den körpereigenen Botenstoff Histamin reguliert. Histamin selber wird mit Hilfe Kupfer-Abhängiger Enzyme abgebaut. Mit Hilfe von Vitamin B6 erhöht. Alleine hier sehen wir schon 2 Variablen, die bei HPU eine Rolle spielen. Denn durch den Zinkmangel bei HPU kommt es in der Regel zu einem verschobenen Zink/Kupfer-Verhältnis. Das können wir auch im Blutbild sehen: Zink am unteren Referenzbereich, Kupfer eher mittig bzw. am oberen Referenzbereich. Schön wäre es genau andersrum.

 

Die Gabe von Zink erhöht den pH-Wert des Magens

Ein Zinkmangel kann sich also ebenfalls auf die Magensäureproduktion auswirken und indirekt z.B. an der Entstehung von Geschwüren beteiligt sein.
Eine veränderte Magensäureproduktion hat immer Auswirkungen auf die nachfolgende Verdauung. Die Säure soll große Futtermoleküle in kleinere zerlegen, Proteinstrukturen aufbrechen etc.. Außerdem werden die Enzyme der Bauchspeicheldrüse im Dünndarm in einem sehr engen pH-Fenster aktiviert. Abweichungen nach oben oder nach unten des pH-Wertes des Magensaftes können damit große Auswirkungen auf die nachfolgende Verdauung haben.
Funktioniert die Aufspaltung großer Futtermoleküle nur ungenügend oder werden die Verdauungsenzyme nur unzureichend aktiviert, kommt es leicht in der weiteren Folge zu Fehlgärungen, da die Bakterien mit zu größeren Fragmenten überfordert sind. Außerdem ist Zink mit der wichtigste Cofaktor bei zahlreichen an der Verdauung beteiligter Enzyme. Bsp. Amylasen (im Speichel), Trypsin, Pepsin (im Saft der Bauchspeicheldrüse). Wie kann sich also ein kombinierter Zink- und Vitamin B6 Mangel NICHT auf die Verdauung auswirken? Was die Henne ist und was das Ei, ist in diesem Fall eigentlich leicht zu beantworten. Dysbiosen des Darmes entstehen als Folge der Stoffwechselstörung HPU und sind nicht deren Ursache. Fehlgärungen machen alles noch schlimmer, da nun, wie oben bereits erwähnt, weitere Giftstoffe anfallen, die die Leber noch zusätzlich belasten.
Ein Teufelskreis entsteht.

Zusammenfassung:

1. Der KPU Test ist unspezifisch und veraltet, der HPU-Test ist spezifisch.
2. KPU ist nicht gleichbedeutend mit HPU.
3. HPU ist die Ursache einer gestörten Darmflora und einer belasteten Leber und nicht die Folge davon
4. Ausgleich der fehlenden Mikronährstoffe Zink und Vitamin B6 wirken sich nicht nur günstig auf die Entgiftungsleistung betroffener Pferde aus, sondern stellen auch die Physiologie der Verdauung wieder her.
Der Pferdehalter kann deutlich mehr tun, als „nur“ auf sauberes Futter zu achten und Kräuterchen für die Leber und den Darm zu füttern. Auf die Therapie und Haltungsmanagement betroffener Pferde werden wir in einem Folgeartikel eingehen bzw. sind auf unseren Webseiten und im Praxishandbuch Pferdegesundheit einsehbar.